16.09.2019

Gesetzliche Rente und Beamtenversorgung: Die immer wiederkehrende Neiddebatte

Beamtenversorgung: Erneute Kampagne für Kürzung der Pensionen. © Jorma Bork/PIXELIO

Wieder einmal hat in den vergangenen Monaten die Boulevardpresse das altbekannte Thema hervorgeholt: Die unverschämte Höhe der Beamtenpensionen im Vergleich zur eher mickrig bemessenen Rente.

Zusätzlich befeuert wird die Diskussion durch die Rentenkampagne des VDK „#Rentefüralle“, die am 6. Mai startete. Gearbeitet wird dabei leider meist unter der Schlagzeile „Die Unterschiede zwischen durchschnittlicher Pension und durchschnittlicher Rente sind gewaltig!“ nicht mit sauberen Fakten.

Es ist natürlich nachvollziehbar, wenn zukünftige Rentnerinnen und Rentner angesichts der Finanzierungslücken bei der gesetzlichen Rentenversicherung sorgenvoll in die Zukunft blicken. Es darf nicht sein, dass Menschen, die ihr ganzes Leben gearbeitet haben, im Alter von Armut bedroht sind. Die völlig unterschiedlichen Ansätze beider Systeme verlangen aber eine differenziertere Betrachtung, als platte Neiddebatten liefern können.

Durchschnittswerte haben keine Aussagekraft
Schon der oben zitierte und häufig gewählte Einstieg ins Thema liefert ein falsches Bild. Man kann eben nicht auf Durchschnittswerte zurückgreifen. In beiden Systemen herrscht eine völlig unterschiedliche Beschäftigtenstruktur. Rund 70 Prozent der Beamtinnen und Beamten verfügen mindestens über einen Fachhochschulabschluss. Im Bereich der Renten sind es gerade mal zwischen 10 und 15 Prozent. Auch die Erwerbsbiografien sind gänzlich andere. Im Beamtenbereich gibt es eben keine Arbeitslosenzeiten oder Jobwechsel. Hier ist alles auf eine lebenslange Beschäftigung ausgerichtet.

Aber auch die systembedingten Unterschiede fallen bei den angestellten Vergleichen häufig unter den Tisch. Die Rente ist eben keine Vollversorgung, wie sie die Beamtenversorgung darstellt. Die gesetzliche Rente ist Teil des sogenannten Drei-Säulen-Models, in dem neben der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auch noch Betriebsrente und Privatvorsorge stehen. Auch die immer noch (bis zum Jahr 2040, wenn dann auch Renten voll besteuert werden) höheren Steuerabgaben, die sich aus der gesonderten „Pensionisten-Tabelle“ ergeben und die (einkommensunabhängigen) höheren Ausgaben bei der privaten Kranken- und Pflegeversicherung werden gerne außer Acht gelassen.

Schon während ihrer aktiven Zeit werden Beamte steuerlich stärker belastet als Arbeitnehmer. Sie unterliegen der besonderen Lohnsteuertabelle, die deutlich höhere Abgaben vorsieht. Das sind zudem Mittel, die bereits jetzt (zumindest teilweise) den Rentenkassen zugutekommen. Denn deren Einnahmen finanzieren sich – neben den Sozialabgaben – zu gut einem Viertel aus Bundeszuschüssen, die aus Steuermitteln stammen.

Will man nicht Äpfel mit Birnen vergleichen, bleibt nur ein Blick auf einzelne Berufsgruppen, wie ihn zum Beispiel der Landtag in Baden-Württemberg im Jahr 2011 angestellt hat (Drucksache 15/332). Dort hat man ein Vergleichsunternehmen gefunden, das nach Betriebsgröße und Beschäftigtenzahl mit der Landesverwaltung vergleichbar ist und dann – unter Berücksichtigung oben genannter Aspekte – (fiktive) Beschäftigte der gleichen Berufsgruppen mit durchschnittlichem Werdegang und entsprechendem Qualifikationsniveau verglichen. Das Ergebnis war eindeutig: Bei der Höhe der Alterssicherung bestehen nur sehr geringe Unterschiede und dies zudem überwiegend zugunsten der Privatwirtschaft.

Zwei Systeme, zwei Ansätze
Dann ist da auch noch der grundsätzlich unterschiedliche Ansatz beider Systeme. Die umfassende Versorgung ist ein wesentlicher Bestandteil des Berufsbeamtentums. Die lebenslange Absicherung, die mit dem Streikverbot einhergeht (die also durch den Verzicht auf ein wesentliches Grundrecht „erkauft“ ist), ist auch ein Ausgleich für den Verzicht auf die weit höheren Verdienstmöglichkeiten, die die Privatwirtschaft bietet. Vor allem, und das ist bei einem Vergleich wesentlich, bezogen auf die höheren Bildungsabschlüsse, die für die Beschäftigtenstruktur im öffentlichen Dienst prägend sind.

Jeder will einen kompetenten und leistungsstarken öffentlichen Dienst. Dann muss dieser aber für qualifiziertes Personal attraktiv sein, auch im Vergleich mit den Karrierechancen, die sich in der Privatwirtschaft bieten. Das kann er aber nur mit Beschäftigungsbedingungen, die hier ein Gegengewicht setzten. Das ist mit Sicherheit zum einen das Fehlen der üblichen Unwägbarkeiten wie zum Beispiel der mögliche Jobverlust. Zum anderen aber auch die umfassende Absicherung bis ins Alter. Wer die Pensionen im öffentlichen Dienst anprangert, der muss sich bewusst sein, dass er am System des Berufsbeamtentums insgesamt rüttelt. Das kann nicht gewollt sein.

Ernsthafte Diskussion ist gefragt
Das soll aber nicht heißen, dass eine ausreichende Absicherung im Alter als „Beamtenprivileg“ gehandelt werden soll. Eine solche Absicherung hat jeder verdient, der sein Leben lang gearbeitet hat. Rente und Pension bleiben unterschiedliche Systeme mit kaum vergleichbaren Ansätzen. Neiddebatten werden uns nicht weiterbringen. Sie können Mängel im bestehenden System nicht beseitigen. Die Zukunft der Alterssicherungssysteme hat eine ernsthaftere Diskussion verdient.
Quelle: BBB

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