15.11.2019

Wir müssen die Brutalisierung der Gesellschaft stoppen

© dbb

dbb Bürgerbefragung 2019

83 Prozent der Menschen erleben eine zunehmende Verrohung der Gesellschaft. Über ein Viertel aller Befragten haben Übergriffe auf Beschäftigte im öffentlichen Dienst beobachtet. Die Hälfte dieser Angriffe waren körperlicher Art.

Jeder zweite Staatsdiener ist bereits Opfer solcher Vorfälle geworden. Das sind die besorgniserregenden Kernergebnisse einer Sonderumfrage im Rahmen der dbb Bürgerbefragung Öffentlicher Dienst 2019. „Es ist höchste Zeit zum Handeln. Wenn wir die Brutalisierung unserer Gesellschaft stoppen und die Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst schützen wollen, brauchen wir dringend ein umfassendes Investitionsprogramm Sicherheit im Dienst“, kommentierte der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach die vom Meinungsforschungsinstitut forsa für den dbb ermittelten Daten.

Ein solches Investitionsprogramm müsse sowohl die bekannten personalwirtschaftlichen, baulichen, organisatorischen und Ausrüstungsaspekte einbeziehen als auch ganz neue Überlegungen. Silberbach: „Natürlich brauchen wir mehr Personal für Sicherheit und Justiz, damit Fehlverhalten zeitnah und spürbar sanktioniert werden kann. Außerdem sollten wir diskutieren, ob das Instrument der Forderungsabtretung nach Paragraph 78a des Bundesbeamtengesetzes auch auf Beleidigungstatbestände ausgeweitet und auf alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst Anwendung finden kann, danach kann ein gerichtlich zugestandener Schadensersatzanspruch vom Dienstherren übernommen, ausgezahlt und später vom Verursacher eingetrieben werden. Dann würden alle Opfer von Übergriffen echte Rückendeckung der Dienstherren und Arbeitgeber spüren.“

Außerdem, so der dbb Chef weiter, ist ein Kulturwandel nötig. Der dbb und seine Mitgliedsgewerkschaften veröffentlichen seit Jahren Studien und Forderungen zum Umgang mit der Gewalt gegen Lehrkräfte, Polizei, Jobcenter-Mitarbeiter, Rettungskräfte und Feuerwehrleute. Silberbach: „Beschäftigte, Politik und Bevölkerung müssen jetzt aktiv werden. Wir brauchen flächendeckend Ombudsleute, an die sich die betroffenen Kolleginnen und Kollegen wenden können, wenn Vorgesetzte Angriffe bagatellisieren oder unter den Teppich kehren wollen. Beschäftigte, die zu Opfern werden, müssen falsche Scham überwinden und jeden Vorfall transparent machen, und wir brauchen die Unterstützung der Bevölkerung. Das ist unser aller Gesellschaft, unser aller öffentlicher Dienst. Egal ob auf der Straße, in Schule, Krankenhaus oder auf dem Amt: Jeder, der Zeuge von Übergriffen wird, soll eingreifen, laut werden und Hilfe holen.“

Art der Übergriffe im öffentlichen Dienst
Neun von zehn von Übergriffen Betroffenen im öffentlichen Dienst (89 Prozent) wurden während ihrer Tätigkeit bereits einmal beleidigt, zwei Drittel (68 Prozent) angeschrien. 31 Prozent der Opfer von Übergriffen im öffentlichen Dienst wurden körperlich bedrängt, 17 Prozent geschlagen und 12 Prozent bespuckt. Von Bedrohungen während des Einsatzes war „nur“ eine Minderheit von 6 Prozent betroffen. Männliche Beschäftigte im öffentlichen Dienst wurden dabei tendenziell häufiger körperlich bedrängt, geschlagen oder bespuckt als weibliche Beschäftigte.

Betroffene Personengruppen
Am häufigsten wurden Übergriffe auf Polizistinnen/Polizisten beobachtet: Fast drei Viertel (73 Prozent) derjenigen, die bereits einen Angriff auf öffentlich Bedienstete wahrgenommen haben, beobachteten dies bei Einsätzen der Polizei. Etwas mehr als die Hälfte dieser Befragten (58 Prozent) gibt an, Übergriffe auf Rettungskräfte und Notärzte gesehen zu haben. 42 beziehungsweise 40 Prozent haben Übergriffe auf Bus- beziehungsweise Bahnfahrer/innen beziehungsweise bei Feuerwehreinsätzen beobachtet. Angriffe auf Lehrer/innen und Mitarbeiter/innen des Ordnungsamtes wurden von 36 beziehungsweise 34 Prozent derjenigen wahrgenommen, die schon einmal entsprechende Vorfälle beobachtet haben. Übergriffe auf Mitarbeiter/innen im Sicherheitsdienst haben 28 Prozent gesehen. Zeuge von Angriffen auf Lokführer/innen beziehungsweise Zugbegleiter/innen oder auf Mitarbeiter/innen in der Arbeitsagentur beziehungsweise im Jobcenter wurden 21 beziehungsweise 18 Prozent. 16 Prozent der Befragten haben Angriffe auf Erzieher/innen in Kindertagesstätten wahrgenommen.

Von den öffentlich Bediensteten wurden häufiger als vom Befragtendurchschnitt vor allem Übergriffe auf Rettungskräfte, Lehrer/innen und Sicherheitsdienste beobachtet. Übergriffe auf Rettungskräfte, Feuerwehrleute und Erzieher/innen haben überdurchschnittlich häufig die 30- bis 44-Jährigen, Übergriffe auf Bus- und Bahnfahrer/innen beziehungsweise Lokführer/innen und Lehrer/innen vor allem die 18- bis 29- Jährigen beobachtet.
Rund die Hälfte der Befragten, die im öffentlichen Dienst beschäftigt sind (48 Prozent), wurde selbst schon einmal während ihrer Tätigkeit behindert, beschimpft oder tätlich angegriffen. Beamte wurden dabei deutlich häufiger angegriffen als Tarifbeschäftigte. Außerdem wurden die 18- bis 44-jährigen im öffentlichen Dienst Beschäftigten häufiger schon einmal angegriffen als die über 45-Jährigen.

Zusammenfassung
Die große Mehrheit der Bundesbürger hat das Gefühl, dass die Gesellschaft zunehmend verroht und der Umgang der Menschen untereinander rücksichtsloser und brutaler wird. Dieses Gefühl wird bei einem Viertel der Bundesbürger dadurch bestätigt, dass beobachtet wurde, wie Beschäftigte des öffentlichen Dienstes behindert, belästigt, beschimpft oder gar angegriffen wurden. Diese Beobachtung wird zudem durch die Erfahrungen der öffentlich Bediensteten bestätigt, von denen rund die Hälfte (48 Prozent) angibt, schon einmal selbst im Rahmen ihrer Tätigkeit behindert, beschimpft oder gar tätlich angegriffen worden zu sein.
Quelle: dbb

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